DFB.de: Herr Löw, am Sonntag steht in Berlin ein auch für Sie außergewöhnlicher Termin auf Ihrem Programm. Ihr Weg führt Sie nicht in ein Fußballstadion, vielmehr nehmen Sie im Reichstag an der Bundesversammlung teil, die den neuen Bundespräsidenten wählt. Was bedeutet es Ihnen, einer von insgesamt 1200 Delegierten zu sein?
Joachim Löw: Ja, das ist tatsächlich ein spezieller Termin für mich. Wahlmann in der Bundesversammlung sein zu dürfen, empfinde ich einerseits als große Ehre. Solche Abläufe erlebt man ja nicht tagtäglich hautnah. Zumal es um die Wahl des Bundespräsidenten geht. Andererseits sehe ich meine Teilnahme aber auch als absolute Bürgerpflicht, denn zu einer Wahl zu gehen, egal auf welcher Ebene, ist für mich ein ganz wichtiger Teil gelebter Demokratie. Jeder sollte von seinem Wahlrecht Gebrauch machen, das ist wichtig.
DFB.de: Wie ist es dazu gekommen, dass Sie Wahlmann wurden?
Löw: Ich wohne und lebe seit Jahren in Freiburg, und genauso ist es kein Geheimnis, dass ich in einer lockeren, sehr respektvollen Verbindung zu unserem Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg stehe. Ich mag Winfried Kretschmann, und das ist völlig unabhängig von seiner und meiner politischen Einstellung. Zuletzt haben wir uns Ende letzten Jahres bei der Bambi-Verleihung in Berlin getroffen, als er auch eine Laudatio auf unsere Nationalmannschaft gehalten hat. Da ging es weniger um die sportlichen Aspekte als vielmehr um die Werte, für die wir mit der Mannschaft auf und außerhalb des Platzes stehen. Wir stehen für Integration, Vielfalt, Offenheit, Fairplay, Toleranz. Mich haben seine Worte sehr beeindruckt, gefreut, aber auch weiter angespornt. Als der Ministerpräsident mich dann Anfang des Jahres anrief und fragte, ob er mich als Wahlmann für die Bundesversammlung vorschlagen dürfe, habe ich keine Sekunde gezögert.
DFB.de: Über die persönliche Beziehung zu Winfried Kretschmann sind Sie also einer von 80 Delegierten, die das Bundesland Baden-Württemberg entsendet, auf der Liste der Grünen Landtagsfraktion gelandet. Als politisches Statement verstehen Sie das aber nicht?
Löw: Wie gesagt, es ist Ausdruck meines Demokratieverständnisses und meiner Überzeugung, dass wir generell immer wählen gehen sollten, nicht aber hinsichtlich meiner politischen Ausrichtung. Da habe ich natürlich wie jedermann auch eine Meinung, hier geht es aber einzig und allein um die Wahl des Bundespräsidenten. Auf der Liste der Grünen stehe ich aus formalen Gründen.
12 February 2017
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